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Wer oder was ist simple system und lohnt es sich über diesen Marktplatz zu verkaufen? Antworten habe ich dir in diesem Beitrag zusammengefasst.

Zusammenfassung

  • Simple system wird 2000 gegründet    
  • Gesellschaften waren Kaiser + Kraft (Betriebsausstattung), Hoffmann (Werkzeuge), Hagemeyer (Elektro)
  • Heute agiert dieser B2B-Marktplatz neutral, als unabhängige Tochterfirma der Hoffmann Group
  • Simple system versteht sich als Optimierer der Prozesse zwischen Einkaufsorganisationen und Lieferanten
  • Fokus und Kundennutzen ist die Harmonisierung und Automatisierung von Einkaufsprozessen
  • Der Verkauf über simple system lohnt sich für Lieferanten, deren Stammkunden diesen Marktplatz nutzen
  • Lieferanten können die Bestellprozesse automatisieren und sparen wertvolle Zeit im Backoffice

2000: simple system wird gegründet

Im Jahr 2000 wird George W. Bush wird zum Präsidenten der USA gewählt, an der Börse platzt die Spekulationsblase „Dotcom-Blase“ rund um Unternehmen aus der New Economy und die Musik hören über MP3-Player startet seinen Siegeszug. In diesem Jahr gründen Kaiser + Kraft (Betriebsausstattung), Hoffmann (Werkzeuge), Hagemeyer (Elektro) und Keller und Kalmbach (Verbindungstechnik) den Marktplatz simple system. Ziel ist es den Einkaufsprozess einheitlich über schlanke Prozesse abzubilden. Die Aufgaben Vertrieb, Marketing, Buchhaltung werden zwischen den Gesellschaftern aufgeteilt. So entsteht eine schlanke Kostenstruktur und das organische Wachstum startet

Das Geschäftsmodell von simple system

Nach 21 Jahren übernimmt die Hoffmann SE (Hoffmann Werkzeuge) simple system als Tochtergesellschaft. Der Wert „Neutralität“ wird bei simple system großgeschrieben. Daher wird viel Wert auf die organisatorische Unabhängigkeit gelegt. Auf dieser Grundlage wird das Team weiter ausgebaut und die Entwicklung einer neuen völligen Plattform gestartet.  Das Geschäftsmodell sieht wie folgt aus:

  • Wer – Zielkunden: Unternehmen aus Industrie, die eine Einkaufsplattform mit hoher Nutzerfreundlichkeit suchen. Einen großen Wert auf eine 1:1 Beziehung zu seinen Lieferanten legt und geringe Implementierungskosten fokussiert.
  • Was – Nutzenversprechen: Vereinfachung des Einkaufes von C-Teilen auf einer Plattform. C-Teile (auch C-Artikel genannt) sind Produkte mit kleinem Wert die in der Beschaffung viel Zeit erfordern (Hohe Prozesskosten). Integration der kundeneigenen Lieferanten, Artikel und Prozesse.
  • Wie – Wertschöpfungskette:
    • Prozessoptimierung Einkauf: Der Einkaufsprozess wird harmonisiert und Maverick-Buying reduziert. Maverick Buying beschreibt das Einkaufen von Teams ohne den Einkauf mit einzubeziehen.  Klare Sortimentsgestaltung, hohe Nutzerfreundlichkeit für Bedarfsträger und Genehmigungsprozesse reduzieren operative Tätigkeiten im Einkauf enorm. Bedarfsträger sind Mitarbeiter die die Forderung nach Produkten zu Erledigung von Aufgaben haben.
    • Prozessoptimierung Lieferant: Als Lieferant können mit einem Standardsortiment viele Kunden bedient werden. Die Preise werden separat, je nach Kundenvereinbarung, dem jeweiligen Kundenaccount automatisiert zugeordnet. Zudem können die Bestellungen automatisiert in das eigene ERP-System (Warenwirtschaft) eingespielt werden und somit entfällt der manuelle Aufwand für den Kundenservice.
  • Wert – Ertragsmechanik: Grundsätzlich ist simple system für einkaufende Unternehmen kostenfrei. Wer das System in sein ERP-System (Warenwirtschaft) verknüpfen möchte kann eine Schnittstelle erwerben. Der Lieferant zahlt einen Anteil von seinem getätigten Umsatz.
Geschäftsmodelle beschreiben

Politik und Zahlen

In den ersten Jahren haben sich die Gesellschafter ein Veto-Recht für Lieferantenanfragen die in Konkurrenz standen vorbehalten. Da dies immer wieder Diskussion mit Kunden war und dem Nutzenversprechen im Wege stand, wurde diese Klausel aufgehoben. Zudem ist es für simple system „Neutralität“ ein hohes Gut geworden. Auf dieser Basis konnte sich dieser Marktplatz weiterentwickeln:

  • 80 Mio. Artikel
  • 40 Warengruppen
  • 1.500 Kunden
  • 850 Lieferanten
  • 40 Mitarbeiter
  • Zu den Top-Lieferanten gehören
    • Würth
    • HoffmannRS
    • Components
    • Sonepar
    • Uvex
    • Kroschke
    • Conrad
    • Weitere öffentliche Lieferanten siehe hier

Als Lieferant über simple system verkaufen

Aus meinen 16 Jahren Erfahrung im Vertrieb und Kontakt zu simple system sollten folgende Punkte bewertet werden:

  • Haben wir Stammkunden, die simple system nutzen? Hinweis: Simple system hat den Fokus auf Prozessoptimierung und nicht den Vertrieb.
  • Gibt es ein Standardsortiment und verhandelte Preise mit meinem Kunden?
  • Liegen vernünftige Produktdaten vor und können diese als BMEcat zur Verfügung gestellt werden?
  • Steigert die Nutzung von simple system die Kundenbindung? Meine Erfahrung: Klares Ja, wenn der Kunde von einem Online-Shop kommt. Und auf simple system die Produkte schnell findet und sich über die reibungslosen Folgeprozesse (fristgerechte Anlieferung), Kundenservice, und reibungslosen Rechnungsprozess erfreut.
  • Können wir wirtschaftlich verkaufen nach Betrachtung der Kosten für Datenbeschaffung, BMEcat Erzeugung, Umsatzgebühr an simple system? Hinweis: Die Skalierung und Kosteneinsparung steigen durch jeden weiteren Kunden. Daraus leitet sich folgende Frage ab:
  • Kann ich weiter Kunden über simple system ansprechen oder gewinnen?
  • Wie organisieren wir die Bearbeitung des Marktplatzes intern?

Dein Unternehmen möchte den Verkauf über simple system bewerten? Wichtig ist zu klären, welche Aufgaben zu erledigen und Produktdaten benötigt werden.

Dazu habe ich einen kostenfreien Analyse-Fragebogen entwickelt. Als Ergebnis bekommst du eine PDF-Zusammenfassung mit deiner IST-Situation + Handlungsempfehlungen für den Upload eines BMEcat.

Autor

Fazit – Lohnt sich der Verkauf über simple system?

Der Marktplatz simple system steht für die Prozessoptimierung von Beschaffungsprozessen bei Industrieunternehmen und seinen Lieferanten. Durch die Kombination von Standardsortiment und kundenspezifischen Preisen kann mit wenig Aufwand ein großer Nutzen gezogen werden. Vorausgesetzt, du schafft es als Lieferant mehrere Kunden über diese Plattform zu bedienen. Der Schlüssel zu reibungslosen Prozessen ist die Datenqualität und die damit verbundene schnelle Auffindbarkeit der Produkte. Dazu ist es notwendig einen BMEcat (elektronisches Katalogformat) erstellen zu können. Der Nutzen kann durch die automatisierte Einspielung der Bestellung gesteigert werden, da dadurch das Team im Backoffice entlastet wird. Durch den intelligenten Einsatz von simple system kombiniert mit reibungslosen Folgeprozesse steigert dein Unternehmen Kundenbindung!

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Peter Prütting ist Teamplayer, MTBiker und E-Business Experte. Seit 10 Jahren verhilft er Lieferanten zu mehr Online-Umsatz und optimierten B2B-Prozessen. Weggefährten beschreiben ihn als kundenzentriert und fokussiert.

FAQ – Häufig gestellte Fragen

Welche Voraussetzung stellt simple system an Lieferanten?

Als Lieferant gelten neben dem elektronischen Katalogformat BMEcat für die Listung der Produktdaten folgende Voraussetzung: Registrierung bei simple system, Entscheidung ob im öffentlichen oder/und geschlossenen Bereich verkauft werden soll, Logos, AGBs und Mediadaten.

Was macht simple system?

Simple system hilft Einkaufsorganisationen die Beschaffung von C-Artikeln zu optimieren und schafft schlanke Prozesse zwischen kaufenden und verkaufenden Unternehmen. Somit gehört simple system zu den elektronischen Marktplätzen im Geschäftskunden-Bereich.

Was ist der Unterschied zwischen öffentlichen und geschlossenen Bereich?

Im öffentlichen Bereich wird im 1:n Verhältnis verkauft. Mit einem einheitlichen Sortiment und marktüblichen Preisen. Beim geschlossenen Bereich wird im 1:1 Verhältnis verkauft. Dort wird auf kundenindividuelle Preise und bei Bedarf auf kundenindividuelle Sortimente zurückgegriffen.

Wie viele Lieferanten verkaufen über simple system?

Stand Januar 2024: 850 Lieferanten, darunter: Würth, Hoffmann Group, RS Components, Sonepar, Uvex, Kroschke, Conrad.

Wie viele Kunden nutzen simple system für den elektronischen Einkauf?

Stand Januar 2024: 1.500 Kunden, darunter: WILKA Schließtechnik, Vulkan, Hartmann Valves, DODUCO GmbH, Memminger-IRO GmbH, KTR Systems.

Quellen

Peter, wie sieht ein BMEcat aus? Diese Frage höre ich regelmäßig in meinen Trainings. Du suchst ebenfalls die Antwort auf diese Frage, dann bist du genau richtig. Dieser Beitrag zeigt die Hintergründe dieses elektronischen Katalogstandards auf und führt in die Verwendung ein!

Wofür steht BMEcat?

Der Begriff BMEcat setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Der erste Teil „BME“ steht für Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. Dieser Verein zählt mit 9.750 Mitgliedern zu einem der größten Einkaufsverbände Europas. Der zweite Teil „cat“ steht für catalog. Kurz zusammengefasst bedeutet dies der elektronische Katalog nach dem Standard des BME-Verbandes heißt BMEcat.

Welche Vorteile bietet ein BMEcat?

Der BMEcat ist zum Branchenstandard in der Industrie geworden. Durch dynamische Marktanforderungen und Lieferketten unterliegen Artikeldaten wie Bilder, Beschreibungen oder Artikelmerkmale regelmäßigen Aktualisierungen. Der BMEcat ermöglicht einen standardisierten und automatischen Datenaustausch. Der Sender (Lieferant) hat einen einmaligen Programmieraufwand und kann damit beliebig viele Empfänger (Kunden) bedienen. Der Empfänger (Kunde) kann die Artikeldaten von vielen Lieferanten automatisch in seinem System verarbeiten. Daher liefert der BMEcat die Vorteile:

  • Zeiteinsparung bei der Datenpflege
  • Schnellere Listung der Artikel beim Kunden
  • Harmonisierte Struktur von Artikeldaten
  • Kostenfreie Nutzung
Upload elektronischer Katalog
Üblicher Prozess – BMEcat Upload

In welchen Handlungsfeldern wird dieser Katalogstandard genutzt?

Der BMEcat wir oftmals im Einkauf eingesetzt. In sogenannten E-Procurement-Systemen werden die Daten eingespielt. Dadurch werden die Produkte mit den Einkaufspreisen und passenden Artikelinformationen gelistet. Das Ziel ist, dass der Mitarbeiter (Bedarfsträger) in solchen Systemen selbst die Artikel auswählt. Nach Freigabe des Kostenstellenverantwortlichen erfolgt die Bestellung beim Lieferanten.

Einkaufssysteme die den BMEcat verwenden können:

  • Meplato
  • Mercateo Unite
  • Nexmart
  • Onventis
  • Jaggaer direct
  • Simple system
  • SAP Ariba
  • Storeserver
  • Veenion
  • WPS

➡️ E-Procurement-Systeme werden für das C-Teile-Management eingesetzt oder auch um Maverick-Buying zu verhindern.

Auch im Vertrieb / Marketing wird unter anderem auf den BMEcat zurückgegriffen. Der Standard eignet sich, um Artikeldaten in Produktinformations-Systeme (PIM-System) einzuspielen. Solche Systeme wurde dafür geschaffen einen zentralen Ort für alle Produktinformationen zu schaffen. Das Ziel ist die automatische Ausspielung der Daten an Zielsysteme wie Marktplätze (z.B. Mercateo Unite oder simple system) oder in den eigenen Onlineshop (z.B. Shopware oder Commerce Cloud) auszuspielen.

Wie sieht denn nun der BMEcat aus?

Dieses Katalogformat ist auf Basis eines textbasierten Formates (XML-Format) entwickelt worden. Damit ist ein strukturierter Austausch von Informationen möglich. Wie diese Struktur aussieht, wurde unter der Führung des BME-Verbandes definiert.

Grundsätzlicher Aufbau eines BMEcat 1.2:

elektronischer Katalog
Aufbau eines BMEcat 1.2

Der BMEcat besteht aus verschiedenen Elementen. Eine Auswahl findest du hier:

HEADER

  • CATALOG: Dort werden übergeordnete Infos wie Sprache oder Katalogversion eingetragen
  • SUPPLIER: Dort befinden sich Adresse, Ansprechpartner wie Lieferantenkennung (DUNS)
  • BUYER: Dort befinden sich Adresse und Informationen zum Empfänger (Kunden)

CATALOG_GROUP_SYSTEM

  • CATALOG_STRUCTURE: Dort kann die Klickstruktur abgebildet werden, die das Menü im Beschaffungssystem bildet

ARTICLE: Das Herzstück des Kataloges. Dort sind Artikelnummer, Beschreibungen, Merkmale, Bilder, Preise oder auch Bestellmengeneinheiten hinterlegt. Darunter hängen die folgenden Segmente:

  • ARTICLE_DETAILS
  • ARTICLE_FEATURES
  • ARTICLE_ORDER_DETAILS
  • ARTICLE_PRICE_DETAILS
  • MIME_INFO: Hier können Bilder, Videos oder auch Informationen als pdf abgelegt werden. Ob eine physische Datei oder die URL auf einen Medienserver ausreicht, entscheidet das Beschaffungssystem
  • ARTICLE_REFERENCE: Dort können Zubehör oder Ersatzteile dem „Mutterartikel“ zugeordnet werden
electronic catalog
Beispiel der Elemente eines Arikels im BMEcat 1.2

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Autor

Welche Versionen eines BMEcat gibt es?

Zum jetzigen Zeitpunkt ist der BMEcat 1.2 aus dem Jahr 2001 marktüblich. Auf dieser Basis wurde der BMEcat 2005 entwickelt. Darin wurden die Export-Informationen und die Ausgabe von verschiedenen Sprachen in einem Katalog ermöglicht. Seit 2022 gibt es den BMEcat 2005.2. Dieser wurde um den Integrated Procurement Point (IPP) erweitert. Ziel ist es Information dynamisch in Lieferantensystemen abzufragen. Dazu gehören die Anwendungen:

  • Externer Katalog
  • Produktanfrage
  • Preisanfrage
  • Verfügbarkeitsanfrage
  • Angebotsanfrage

Fazit

Der BMEcat ist ein standardisiertes Katalogformat, das automatisiert beim Lieferanten erstellt und beim Kunden eingespielt werden kann. Dadurch sparen beide Parteien wertvolle Zeit und steigern die Datenqualität. Mittlerweile ist dieser Katalog zum Standard in der Industrie geworden. Daher können diese auch alle relevanten Einkaufssysteme wie mercateo unite, onventis, proactis, simple system oder SAP Ariba verarbeiten. Auch der Großhandel setzt in seinen Produktinformationssystemen (PIM) vermehrt auf dieses Standardformat. Dadurch ist die Skalierung bei Lieferanten und Artikelanzahl möglich. Dieser Katalogstandard ist ein MUSS für alle Hersteller und Händler, die Kunden in der Industrie nachhaltig mit Artikelinformationen beliefern möchten!

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Peter Prütting ist Teamplayer, MTBiker und E-Business Experte. Seit 10 Jahren verhilft er Lieferanten zu mehr Online-Umsatz und optimierten B2B-Prozessen. Weggefährten beschreiben ihn als kundenzentriert und fokussiert.

FAQ – Häufig gestelle Fragen

Wofür steht BMEcat?

Der Begriff BMEcat setzt sich aus zwei Teilen zusammen. „BME“ steht für Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. „cat“ steht für catalog. Damit wird der Katalog des BME-Verbandes beschrieben.

Welches Format hat ein BMEcat?

Der BMEcat nutzt das Extensible Markup Language (XML).

Wie sieht ein BMEcat aus?

Ein BMEcat ist im XML-Format umgesetzt und sieht wie folgt aus. Das Beispiel zeigt den Ort, an dem der Preis angegeben wird:

<ARTICLE_PRICE price_type=“net_customer“>
<PRICE_AMOUNT>2.51</PRICE_AMOUNT>
<PRICE_CURRENCY>EUR</PRICE_CURRENCY>
<TAX>0.19</TAX>
<LOWER_BOUND>1</LOWER_BOUND>
<TERRITORY>DE</TERRITORY>
</ARTICLE_PRICE>electronic catalog

Was ist eine BMEcat Datei?

Dies ist ein statischer Katalog, der zum Austausch von Artikelinformationen verwendet wird. Auf Basis der XML-Technologie hat der Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik diesen Standard erarbeitet. Dieser Katalog wird meist als ZIP-Datei in den Zielsystemen hochgeladen

Quellen

Es ist möglich mit 40 + 1 Lieferanten seinen C-Artikel-Bedarf zu decken: Dieser Meinung ist Dieter Fabricius, ehemaliger strategischer Einkäufer. Der indirekte Einkauf muss professionell für einen nachhaltigen Beitrag zum Unternehmenserfolg organisiert werden. Hier skizziere ich unser Gespräch und zeige auf, wie Lieferantenreduzierung praktisch gelingen kann.

Es ist ein verregneter und windiger Donnerstag in München. Dieter und ich sitzen gerade beim Mittagessen in Pasing. Wir sprechen über Geschäftsmodelle, wie das von wework, die mit der Datenerhebung des Userverhaltes im Gebäude Geld verdienen, obwohl es nur den Anschein eines Co-Working Space hat. Dies führt uns zu Ansätzen von Industrie 4.0 und Einkauf 4.0. Ein Kollege von Dieter wirft ein, dass er Digitalisierung und Einkauf 4.0 nicht mehr hören kann. Er fährt fort: „Wie kann es sein, dass wir über Fortschritt sprechen und viele Einkaufsorganisationen immer noch über 1.000 Lieferanten für die C-Artikel Beschaffung benötigen?“

Ich frage Dieter „Warum tut sich der indirekte Einkauf so schwer?“ Er führt an, dass bei vielen Unternehmen die gleichen Personen die Einkaufsaktivitäten sowohl für direktes als auch für indirektes Material verantworten. Da beim direkten Einkauf immer die Produktion und somit das Kernprodukt im Fokus steht, gewinnt der direkte Einkauf am Ende des Tages immer die Hoheit. Zudem ist der direkte Einkauf in Produktionsbetrieben der Teil der hohes Ansehen genießt. Die Gedanken drehen sich um Stückzahl, technologische Innovation und errechenbare Faktoren. Bei indirektem Material und C-Artikeln geht es eher um die Prozesskosten, die man nicht fassen und schwer vor seinem Vorgesetzten in handfesten Zahlen ausdrücken kann.

Revolution des Einkaufes mit 40 + 1

Das Gespräch führe ich mit Dieter Fabricius. Er bringt 14 Jahre Einkaufs-Erfahrung mit. Seine letzten zwei Stationen, vor simple system, waren bei TRW Airbag Systems GmbH und Dr. Johannes Heidenhain GmbH. Vor allem bei Heidenhain gestalte er als strategischer Einkäufer die Entwicklung des indirekten Einkaufes. Haidenhain entwickelt und fertigt Messgeräte und Steuerungen für die Automatisierung von Anlagen und Fertigungsmaschinen. In seiner aktuellen Funktion als Sortiments- und Prozessmanager bei simple system inspiriert er Kunden im Lieferantenmanagement und Lieferanten bei der Digitalisierung von Geschäftsprozessen.

Mit Dieter möchte ich die folgende These diskutieren: Mit 40 + 1 Lieferanten kann ein mittelständischer Betrieb sein komplettes C-Artikel-Management abdecken. Viele mittelständische Betriebe haben über 1.000 verschiedene Lieferanten für die Deckung des C-Artikel Bedarfes. Diese hohe Zahl deckt sich mit Studien des BME Verbandes (Bundesverband für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik) und der HTWK (Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur in Leipzig). C-Artikel sind alle Artikel, die zur Erhaltung der Produktion dienen. Im Folgenden werden diese Artikel auch als indirektes Material bezeichnet. Indirektes Material sind alle Artikel, die nicht in das Produkt eingehen wie z.B. Stahl, Kunststoff oder elektronische Bautauteile. Wie komme ich nun von über 1.000 Lieferanten auf 40 + 1? Ist dies überhaupt ein anzustrebendes Ziel? Was hat es mit dem + 1 auf sich?

I. Erste Schritte

Im Einkauf finden wir nie eine grüne Wiese vor auf der Systeme, Prozesse und Lieferanten von Grund auf entwickeln werden können. Dieter, welchen ersten Schritt empfiehlst du, um den indirekten Einkauf zu entwickeln. Dieter antwortete, dass die Fachabteilungen am Ende des Tages entscheiden bei welchem Lieferanten Sie bestellen. Viele Mitarbeiter sind der Überzeugung, dass nur die Artikel des bestimmten Lieferanten oder der einen Marke die geforderte Leistung bringen kann. Und er fügt an: „Dies ist eine emotionale Angelegenheit“. Diese Ausführungen von Dieter decken sich mit meiner Einschätzung aus meinem letzten Blogartikel, dass der Bedarfsträger der wahre Entscheider ist. Dieter fährt fort: „Wenn ich nun Lieferanten wechsele, dann werde ich als Einkäufer schuldig gemacht, wenn die Artikel nicht die Erwartungen erfüllen. Zudem fragen die Fachabteilungen bzw. Mitarbeiter sowieso die gewünschten Artikel über die Bedarfsanforderung (BANF) an, wenn der Lieferant nicht vom Einkauf freigegeben wurde.“

Dieter: „Wenn ich nun Lieferanten verändere, dann werde ich als Einkäufer schuldig gemacht, wenn die Artikel nicht die Erwartungen erfüllen.“

Wie wäre nun ein sinnvolles Vorgehen um die Fachabteilungen abzuholen und die Lieferanten zu analysieren, damit die hohe Lieferantenanzahl reduziert werden kann? Dieter empfiehlt als Rahmen den eClass Schlüssel zu verwenden. eClass ist ein standardisiertes Klassifikationssystem für Artikel und Dienstleistungen. Es gibt ca. 30 relevante Warengruppen. Dieter empfiehlt, dass der Einkauf mit der Fachabteilung für jede Warengruppe Top 2 Lieferanten definieren soll. Diese Lieferanten werden angesprochen und sinnvoll in die eigene Beschaffungslandschaft integriert. Nun sind wir bei ca. 60 Lieferanten, die den größten Teil des Bedarfes abdecken.

II. Die Suche nach den besten Lieferanten um Lieferanten zu reduzieren

Die Lieferanten, die ich heute habe, muss ich auch morgen haben. Dies ist ein weit verbreiteter Glaubenssatz. Diese Annahme musst du als Einkaufsverantwortlicher nicht unbedingt teilen. Aus Einkaufssicht spielen Faktoren wie z.B. Liefergenauigkeit, Flexibilität des Sortiments und Fähigkeit der elektronischen Zusammenarbeit eine Rolle. Wie bekomme ich nun diesen Wunsch-Lieferanten positioniert? Dieter hat einen einfachen und genialen Trick: Im Beschaffungssystem soll dieser neben den zwei Bestands-Lieferanten platzieren werden. Damit bekommt auch der neue Lieferant eine Bühne, auf der er sich beweisen kann. Mitarbeiter und Fachabteilugen dürfen immer noch beim Lieblingslieferanten bestellen und werden langsam an den neuen Anbieter gewöhnt.

Wie eingangs von Dieter empfohlen können die eClass Gruppen zur Hilfe beim Lieferantenmanagement genutzt werden. Um die Herangehensweise zu verdeutlichen habe ich bisher schwarz und weiß gezeichnet. In der Praxis gibt es natürlich Hersteller und Händler, die mehrere eClass Gruppen abdecken. Um diesen Ansatz zu verdeutlichen sehe ich mir im öffentlichen Bereich von simple system die Lieferantenauswahl an. Dort kann über die Produktanzahl in den einzelnen eClass Gruppen das relevante Portfolio analysiert werden. Als Beispiel wähle ich, auf Grund der hohen Relevanz bei vielen Einkaufsorganisationen, den Lieferanten Conrad Electronic SE. In der Abbildung auf der linken Seite kommt sehr gut heraus wo die Stärken liegen. Sofern dies relevante Warengruppen für dein Unternehmen sind, hätten wir mit Conrad bereits fünf eClass Gruppen abgedeckt. Neben simple system können diese Informationen auch die Marktplätze von Mercateo, Meplato oder Nexmart bereitstellen.

simple system Suche
Öffentlicher Bereich des Marktplatzes simple system

III. Ist Standardisierung der zukünftige Erfolgsfaktor im indirekten Einkauf?

Produktlebenszyklen werden immer kürzer und Artikel verlieren ihren Wert. Lieferanten versuchen über Produktdifferenzierung diesem Trend entgegenzuwirken. Dieser Wandel erzeugt die Aufgabe der Standardisierung und somit auch die Wahl von neuen Partnern. Dieter beschreibt diese Situation wie folgt: „Nach meiner Erfahrung werden 95% der indirekten Artikel, die in einem Jahr gekauft werden, nicht mehr im nächsten Jahr gekauft“.

Warum dies so ist, soll die folgende Geschichte aus dem Bereich Beleuchtung verdeutlichen. In der Zeit, als die klassischen Leuchtstoffröhren verbaut wurden, gab es die Standardlängen wie 40cm 60cm, 120cm oder 150cm. Wenn eine Leuchte defekt war, konntest du einfach dem Facility Management Bescheid geben. Diese kamen mit den 4 Längen und konnten den Austausch schnell und unkompliziert vornehmen. Mit der LED Technologie zogen zahlreiche Formen und Größen in den Markt ein. Nun wurden neue Lichtkonzepte umgesetzt und oftmals die Nachbestellung der Leuchtmittel außer Acht gelassen. In drei Jahren werden wir die ersten Aha-Effekte erkennen, da dann der Wechsel von defekten Leuchtmitteln ansteht. Dann muss erst die Frage nach Form und Größe beantwortet werden und dann gilt es genau diese Spezifikation am Markt zu finden. Notfalls müssen neue Leuchtkonzepte mit neuen Leuchtmitteln umgesetzt werden.

Die teilweise Standardisierung ist auch nötig um eProcurement 4.0 und predictive Maintenance zu realisieren. Unter predictive Maintenance verstehe ich, dass z.B. das Leuchtmittel mir sagt, wann es getauscht werden muss und eine automatisierte Bestellung beim Lieferanten erzeugt. Darum ist meine Empfehlung bei relevanten Warengruppen auf sinnvolle Standardisierung zu setzen. Dazu sagt Dieter: „Wenn ich keinen Standard schaffe, dann baue ich einen umgedrehten Trichter auf, der die Lieferantenanzahl explodieren lässt und dadurch erzeuge ich zukünftig eine Lieferantenerhöhung“

IV. Warum die Bestellanforderung ein Mittel für die Lieferantenreduzierung ist!

Du bist mit wehenden Fahnen gestartet, hast mit den Fachabteilungen die Top 2 Lieferanten definiert, hast deinen Wunsch-Lieferanten platziert und sinnvolle Standards mit dem Facility Management gesetzt z.B. bei Leuchtmitteln. Warum greifen nun diese Maßnahmen nicht? Ich gehe davon aus, dass es nicht an der Nutzerfreundlichkeit deines Beschaffungssystems liegt. Sondern an einem folgendem Prozess. Um die Bedarfe außerhalb deines Beschaffungsprozesses zu decken, gibt es noch die Möglichkeiten für den Bedarfsträger eine BANF (Bestellanforderung) einzureichen. Nach Dieters Erfahrung, wird der Mitarbeiter trotzdem bei seinem Lieblingsaußendienstler via BANF bestellen.

Empfehlung: Die Bestellanforderungen, die nun aus den Fachabteilungen kommen, werden ein paar Tage bewusst liegen gelassen.

Menschen sind gesteuert von Gewohnheit und Erfahrungen, deshalb gibt es einen spannenden Ansatz. Aus meiner Sicht ist dies die einzige Möglichkeit nachhaltig Veränderung zu ermöglichen. Mir ist es sehr bewusst, dass die folgende Idee Rückgrat erfordert und die Rückendeckung des Vorgesetzten. Du hast über dein Beschaffungssystem die Lieferanten platziert und den Fachabteilungen zur Verfügung gestellt. Die Bestellanforderungen, die nun aus den Fachabteilungen kommen, werden ein paar Tage bewusst liegen gelassen. Sollte sich der Mitarbeiter monieren, kann auf die schnelle Belieferung über die Lieferanten im Beschaffungssystem hingewiesen werden. Wenn der Mitarbeiter immer noch auf die Belieferung durch den einen Lieferanten besteht, dann würde ich die Bestellung auslösen.

Durch diese Vorgehensweise erzeugst du die Erfahrung, wenn ich es schnell benötige dann suche im Beschaffungssystem bei vorhanden Lieferanten. Wenn du noch eine Stufe weitergehen möchtest, kannst du den geforderten Artikel selbst im Beschaffungssystem bei favorisierten Lieferanten bestellen. Dann kann dich jedoch die Erfahrung einholen, die ich in der Einführungsgeschichte meines Blogartikels „Warum der Bedarfsträger der wahre Entscheider ist“ beschreibe. Denn indirekte Materialen weisen eine hohe Emotionalität auf und sachliche Gründe sind nicht unbedingt ausschlaggebend.

V. 40+ 1 Lieferanten. Traum oder realistisches Prinzip?

Jedes Unternehmen hat seine eigene Kultur und Herausforderungen. Ich spreche gerne vom internen Ökosystem. Du bist Einkäufer und möchtest an der Wertschöpfung deines Unternehmens maßgeblich beitragen. Der 40 + 1 Ansatz beschreibt, dass es möglich ist, mit 40 Lieferanten alle relevanten Warengruppen abzudecken.

In diesem Zuge ist das Beispiel von Conrad zu nennen. Mit Conrad kann ich mehrere Warengruppen abdecken. Ein Mix aus solchen Lieferanten und Herstellern, die eine beratungsintensive Warengruppe beherrschen, macht eine Lieferantenanzahl von 40 möglich. So auch die Erfahrung von Dieter, bei seinen ehemaligen Stationen als strategischer Einkäufer. Wobei, ich möchte mich nicht auf diese Zahl versteifen, wenn es bei dir die 60 oder 86 Lieferanten sind, dann ziehe ich ebenfalls meinen Hut. Die Idee +1 steht für den Versuch, für alle Bedarfe außerhalb der 40 Lieferanten einen „Alles-Beschaffer“ zu suchen. Dieser kann Amazon Business, Mercateo, PSG oder Crowdfox heißen. Dieter ist mittlerweile der Überzeugung, wenn die 40 Lieferanten eine gewisse Flexibilität aufweisen, kann auch der +1 Lieferant durch diese rationalisiert werden.

Der Einkauf 4.0 rückt näher

Veränderung und Optimierung im indirekten Einkauf ist möglich. Rückblickend sieht Dieter die Entscheidung einer seiner ehemaligen Arbeitgeber, den indirekten vom direkten Einkauf zu trennen, als den wichtigen Schritt an. Es ist wichtig dies personell und organisatorisch zu trennen. Dadurch bekommt die Beschaffung des indirekten Materials eine Bühne. Durch die Mitnahme der Fachabteilungen entsteht Akzeptanz den Beschaffungsprozess zu nutzten. Dieser Umsatz kann genutzt werden, um einen neuen Lieferanten zu platzieren und die Fachabteilungen daran zu gewöhnen. Mit Standardisierung von Produkten kann die Explosion von Lieferanten vermieden werden. Wobei, ohne Rückgrat im Einkauf ist diese Veränderung nicht möglich. Deshalb unbedingt Rückendeckung einholen. Auf dieser Basis kann Einkauf 4.0 Realität werden. Da sind wir uns sicher. Ein spannender Termin geht zu Ende, ich packe meinen Regenschirm und Notebook und mache mich im Regen auf zum nächsten Termin.

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[Anzahl: 10 Ø: 4.9]

Peter Prütting ist Teamplayer, MTBiker und E-Business Experte. Seit 10 Jahren verhilft er Lieferanten zu mehr Online-Umsatz und optimierten B2B-Prozessen. Weggefährten beschreiben ihn als kundenzentriert und fokussiert.

Quellen