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Das richtige Werkzeug zur richtigen Zeit an der CNC-Maschine zu haben. Dabei an Transparenz zu gewinnen und nebenbei Prozessinnovationen zu treiben. Das ist das Tagesgeschäft von Falk Clement. Als eBusiness Berater mit Schwerpunkt automatisierte Materialausgabesysteme hilft er Unternehmen Transparenz und Effizienz zu schaffen. Aus dem Gespräch mit Falk lernst du wie er mit Prozessinnovationen umgeht und welche Tipps es gibt Innovationen erfolgreich zu treiben!

Wie es mittlerweile üblich ist, treffen wir uns in einer Videokonferenz. Ich weiß jetzt schon, dass das Interview mit Falk ein spannendes wird. Denn neben seinen über 150 Kundenprojekten aus 4,5 Jahren ist er begeisterter Bergsportler, Fußballer, bekennender Christ und nennt Rosenheim sein Zuhause. Im Kern seiner Projekte dreht es sich um Werkzeugausgabesysteme, die in der Fertigungshalle stehen und aus dem der Mitarbeiter rund um die Uhr Werkzeuge wie z.B. Bohrer entnehmen kann. Falk korrigiert mich an dieser Stelle: „Für mich sind dies Materialausgabesysteme, denn neben Werkzeugen können auch Sicherheitsschuhe, Schlüssel für Gabelstapler oder Halbteile organisiert werden“.

Garant Tool24
Beispiel einer Materialausgabe Pick One / Locker Quelle: Falk Clement

Was ist eine Prozessinnovation?

Es gibt verschiedene Sichtweisen auf diese Begrifflichkeit. Daher möchte ich dir die folgende anbieten. Der ehemalige österreichische Finanzminister und Wissenschaftler Joseph Schumpeter definierte Innovation als Prozess der schöpferischen Zerstörung. Das lateinische Wort dafür heißt innovare. Wörtlich übersetzt kann dies als „Neuerung“ oder „Erneuerung“ beschrieben werden. Ich persönlich erkenne Services oder Produkte erst als Innovation an, wenn der Kunde dies auch als „Erneuerung“ aufnimmt.

Innovation:

  • Prozess der schöpferischen Zerstörung
  • Erneuerung, die vom Kunden als solche wahrgenommen wird

Prozess:

Lohnen sich Innovationen? ➡️ Die Antwort findest du hier.

Für Falk besteht der Kern von Prozessinnovation darin: „Für mich heißt dies, Prozesskosten zu verringern und Transparenz zu schaffen. Im Bereich von Materialausgabesystemen geht es um die Frage wie viel Zeit der Kunde für die Organisation im Vergleich zum Artikelwert aufwendet.“

Beispiel für eine Prozessinnovation

Ein Beispiel, das ich nicht auf der Rechnung hatte, bringt Falk ein. Der Ben-Gurion-Flughafen gilt als einen der sichersten der Welt. Dabei hat Israel ein hohes Potential für Terror-Anschlägen. Bei der Sicherheits-Strategie wird der Fokus auf persönliche Kommunikation statt auf Hardware gesetzt. Fluggäste werden vom Personal aufmerksam beobachtet. Sollten Auffälligkeiten festgestellt werden, so werden diese von Sicherheitsbeamten in zivil in ein Gespräch verwickelt. So schafft es Israel ein hohes Sicherheitslevel zu halten. Die Erneuerung des Prozesses besteht darin, dass nicht Körperscanner für Sicherheit sorgen, sondern die menschliche Kommunikation.

Fliessband
Moving Assembly Line Quelle: Ford

Die wohl berühmteste Prozessinnovation in der Fertigung, ist das Fließband von Henry Ford. 1913 revolutionierte er damit die Fertigung von Automobilien. Er stellte die Fertigung seines Automobils „Model-T“ auf ein mechanisches Fließband um. Anstelle des Fahrgestells an einem Arbeitsplatz von A-Z zu produzieren, durchläuft dieses unterschiedliche Stationen. In einer Station erfolgt immer die gleiche Tätigkeit wie z.B. Montage des Motors. Die sogenannte erste „moving assembly line“ steigerte die Fertigung um das Achtfache. Dadurch war es möglich den Preis seines Produktes zu verringern und die Löhne seiner Mitarbeiter zu erhöhen. 

Materialausgabesystem als Auslöser der Prozessinnovation

Sicherlich hast du dir bereits gedacht: Was hat eine Hardware, also ein Materialausgabesystem mit einer Verbesserung des Prozesses zu tun? Technologie kann ein Werkzeug für eine andere Arbeitsweise werden. In einem Fertigungsbetrieb unterliegen Messmittel einer Kalibrierungspflicht. Damit soll sichergestellt werden, dass zum Beispiel die Anzeige von 6,35mm auf dem Messschieber (umgangssprachlich Schieblehre) auch dem tatsächlichen Wert entspricht. Wenn jeder Mitarbeiter einen Messschieber besitzt und diesen an unterschiedlichen Orten ablegt, dann kann nie sichergestellt werden, dass zum richtigen Zeitpunkt dieses Messmittel in die Kalibrierung gehen kann. Bei der Einführung eines Materialausgabesystems wird ein Lagerplatz definiert und nach festgelegten Parametern erfolgt die automatisierte Aufforderung zur Kalibrierung. Dies ist im Vergleich zum vorherigen Prozess eine grundsätzliche Veränderung, da nun das Messmittel nach Beendigung der Arbeit vom Mitarbeiter in das System zurückgegeben wird. Dadurch ist auch ein geringerer Bestand von Messschiebern umsetzbar, da nicht jeder Mitarbeiter einen an seinem Arbeitsplatz benötigt.

Ein anderes Ziel ist die Sicherstellung der Verfügbarkeit von produktionskritischen Materialen. In diesem Zusammenhang ist Vernetzung ein wichtiger Baustein. Falk fügt an: „Ich finde es wichtig, Systeme zu vernetzen, da dies Prozesskosten spart“. Laut Falk werden vor allem Schnittstellen zu E-Procurement-Systemen sehr gut angenommen. Ein E-Procurement-System dient dem Einkauf der Organisation der Bestell- und Rechnungsabwicklung.  Der Vorteil der Vernetzung zwischen Materialausgabesystem und E-Procurement-System ist, dass dadurch Einkaufsrichtlinien sichergestellt werden und die Auslösung der Bestellung beim Lieferanten erst nach Genehmigung erfolgt. Damit wird der Bedarf transparent und kann besser organisiert werden.

Der schnelle Tod der Innovation

Verwendung als Schubladenschrank

Oftmals stellt sich die Frage, ob und wie die Mitarbeiter eine neue Methode oder Arbeitsweise in ihren Arbeitsalltag übernehmen. Wenn dies nicht der Fall ist, dann wird eine Hardware installiert und eben nicht ein Prozess erneuert. In unserem Interview erzählt Falk: „Es gibt Kunden, die verwenden das Materialausgabesystem wie einen Schubladenschrank. Die automatisierte und integrierte Bestandführung wird nicht genutzt. Daher laufen Mitarbeiter jeden Tag zum Vorgesetzten und berichten was nachbestellt werden muss.“ Dabei hilft die Aktivierung der Bestandführung die Beschaffungsprozesse erheblich zu verkürzen, indem der Schrank bei Unterschreiten der Meldebestände automatisch die Bestellung an den jeweiligen Lieferanten versendet.

Materialausgabesystem Master
Master Systeme von Gühring (TM Master) Quelle: Gühring

Fehlender Ansprechpartner:in

Neben dem fehlenden Change-Management gibt es weitere Beispiele in denen es „kein Gesicht“ für die Veränderung gibt, wie Falk zu sagen pflegt. Er zeigt dies an dem Beispiel von Feuersteins: „Wenn es niemanden gibt, der das Materialausgabesystem mit Inhalten versorgt und der dies als interner Verkäufer vertritt, schaffe ich die erfolgreiche Implementierung nicht. Dies kommt den Feuersteins gleich, die ihr Auto mit den Füßen antreiben. Wenn ich also dem System kein Gesicht gebe, dann gleicht das einem Auto, bei dem der Motor herausgenommen wird, um mit den Füßen zu fahren.“  Im Beispiel von Falk wird nicht das mögliche Potential des Motors genutzt. Daher fährt das Auto nicht mit 200 km/h von A nach B, sondern nur in Schrittgeschwindigkeit.

Familie Feuerstein
Familie Feuersein fährt mit dem Auto Quelle: Foto Hanna-Barbera-Productions

Unsichtbare Prozesskosten

Sein nächstes Beispiel kann auch wieder gut mit einem Auto verglichen werden. Bei diesem Auto wird nie in den fünften Gang geschalten, obwohl es bis zum sechsten möglich wäre. „Ich habe einen weiteren Kunden, der ein Lagerlift-System im Einsatz hat. Die Option ist vorhanden, diesen als Erweiterung inkl. der Bestände in das Materialausgabesystem zu integrieren. Jedoch bestellt der Kunde alles manuell nach, was sich in diesem System befindet, obwohl es automatisiert möglich wäre.“ Mich interessiert, weshalb die Integration nicht angegangen wird. Dort verweist Falk auf die Prozesskosten, die nicht sichtbar sind und somit der Nutzen nicht erkannt wird. Prozesskosten sind Aufwände, die durch den Einsatz von Arbeitszeit entstehen. Da der Nutzen nicht erkannt wird, stellt der Implementierungsaufwand die Hürde der Umsetzung dar. Diese drei genannten Beispiele zeigen, wie das Innovationspotential durch ein Materialausgabesystem erfolgreich beerdigt werden kann.

Lift System
Beispiel für ein professionelles Lagerlift-System Quelle Kardex

Erfolgsfaktoren bei der Einführung von neuen Prozessen

Wenn ein Mitarbeiter das Warum versteht, kann er besser die Neuerung nachvollziehen und sich am neuen Prozess beteiligen. Falk meint dazu „Ich mache damit mein Unternehmen besser und somit auch meinen Mitarbeiter. Es ist nicht nur ein Programm, daher ist es wichtig seine Mitarbeiter abzuholen“. Wie kann jedoch dieses Abholen praktisch aussehen?

Falk beantwortet die Frage sofort „Mit Vertrauen. Dem Mitarbeiter zu vertrauen, macht den Unterschied. Zutrauen ist für Menschen wichtig. Ich habe gelernt, dass es wichtig ist Menschen erstmal machen zu lassen und zu beobachten. Lücken im neuen Prozess können mit kleinen Schulungen dann geschlossen werden. Langfristige Begleitung mit vielen kleinen Justierungen ist die Lösung.“ Fehlt dieser Wert, dann kann sich dies wie bei überfürsorglichen Eltern (Helikopter-Eltern) auswirken, die sich ständig in der Nähe ihrer Kinder aufhalten, um diese zu behüten. Dazu fügt Falk an: „Wenn Helikopter-Eltern ihren Kindern alles abnehmen, dann können Kinder nicht genügend Erfahrungen machen und auch kein Selbstvertrauen entwickeln. Genau diese Analogie sehe ich auch, wenn man als Führungskraft seinen Mitarbeitern per se nichts zutraut, dann werden diese im neuen Prozess unsicher bleiben!“

Richtiger Umgang mit Software

Bei der Innovation und Einführung neuer Prozesse ist in der Regel immer Software mit im Spiel. So auch bei der Einführung eines Materialausgabesystems. Software zeichnet alle Aktivitäten wie zum Beispiel die Interkation mit Mitarbeitern auf. Daher besteht die Möglichkeit, solche Systeme mit dem Fokus der Kontrolle einzusetzen. Um jedoch für den Projekterfolg zu sorgen, ist ein verantwortungsvoller Umgang mit den erhobenen Daten nötig. Auf dieser Basis entstehen die folgenden Mehrwerte:

  • Mitarbeiter erhält immer das benötigte Werkzeug
  • Einsparung von wertvollen Ressourcen, da Materialien nicht zusätzlich an jedem Arbeitsplatz bevorratet werden
  • Leihartikel, wie der oben erwähnte Messschieber, sind kalibriert und am definierten Ort zu finden
  • Akkubetriebene Geräte werden im System geladen, sind immer einsatzbereit und auffindbar
  • Einkauf kann durch die automatisierte Nachbestellung Zeit sparen und Verfügbarkeit sicherstellen

Best Practice eines Kleinbetriebes

Wie die Einführung eines Materialausgabesystems Nutzen bringt, zeigt das Beispiel eines Kleinbetriebes. Dort arbeiten zehn Mitarbeiter, die als Monteure für elektrische Anlagen bei Brauereien unterwegs sind. Je nach Auftrag werden unterschiedliche Werkzeuge, Geräte und Material benötigt. Begeistert kommentiert Falk dieses Beispiel: „Das hat sich unser Kunde selbst überlegt. Darauf musst du erstmal kommen und es zeigt was passiert, wenn du Menschen machen lässt“.

Dieser Kunde hat sich den Master des Ausgabesystems gekauft. Der Master beinhaltet einen Touchscreen und steuert zentral weitere Schränke oder Lagersysteme. Die benötigten Elektrowerkzeuge standen bis dato im Lagerraum. Damit der Mitarbeiter über das Master-System alles über eine Oberfläche organisieren kann wurde der angrenzende Lagerraum integriert. Das System funktioniert wie ein Schubladenschrank, der nach Auswahl eines Materials über den Touchscreen die passende Schublade öffnet.

Die Elektrowerkzeuge, die im Lagerraum stehen, wurden ebenfalls integriert. Bei Auswahl eines Gerätes öffnet sich die erste Schublade. Dort befinden sich ein Schalter, der über ein Funksignal die Tür des Lagerraums öffnet. Nach der Bestätigung des Artikels am Master-System, schließt sich der Lagerraum wieder. Somit können Geräte mit einem höheren Platzbedarf im Lagerraum verstaut werden. Kleine Werkzeuge und Materialien finden im elektronischen Schubladenschrank selbst Platz. Da sich der Mitarbeiter anmelden muss, wird auf ihn auch das Gerät gebucht. Daher kann sein Kollege sehen, dass es gerade bei ihm mit auf Baustelle ist und danach seine eigene Auswahl definieren oder sich um eine Alternative bemühen.

Links: Falk Clement Rechts: Peter Prütting

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Tipps und Tricks

Veränderung heißt, Menschen erfolgreich auf eine Reise mitnehmen. Daher sind Falk und ich der Überzeugung, dass folgende Tipps und Tricks helfen. Wir freuen uns auf Ergänzungen im Kommentar oder auch wenn du einen der Punkte umsetzt.

  • Abendessen im privaten Rahmen organisieren und dort Beweggründe, Zielbild und Vision teilen
  • Geduld und Konsequenz leben
  • Verantwortlichen für die Veränderung definieren und somit die Wertigkeit gegenüber den Mitarbeitern ausdrücken
  • Anreize schaffen, die neuen Anforderungen umzusetzen

Darüber hinaus hat Falk Clement viele weitere Tipps und Tricks, die ich hier nicht alle unterbringen konnte. Möchtest du mehr erfahren, dann schreibe ihn gerne über Xing an.

Fazit

Prozessinnovation steht für eine Art der schöpferischen Zerstörung. Da bisheriges Handeln erneuert wird. Weil Menschen mit Menschen arbeiten und das Herz unserer Organisationen sind, ist es entscheidend die Beweggründe und das Zielbild zu erläutern. Daher ist es wichtig seine Mitarbeiter und Kollegen mit auf die Reise zu nehmen und Unsicherheiten mit kleinen Schulungen zu begegnen. Wer eine vertrauensvolle Umgebung schafft, wird mit Kreativität belohnt. Das Best Practice zeigt, wie aus einer guten Idee des Materialausgebesystems eine wertstiftende und ganzheitliche Lösung wurde. Aus meiner Sicht lohnt sich der herausfordernde Weg zu Innovationen.

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Peter Prütting ist Teamplayer, MTBiker und E-Business Experte. Seit 10 Jahren verhilft er Lieferanten zu mehr Online-Umsatz und optimierten B2B-Prozessen. Weggefährten beschreiben ihn als kundenzentriert und fokussiert.

Quellen

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Die Aufgabe lautet: Erläutern Sie in 10 Minuten, was C-Teile Management ist und zeigen Sie ein Praxisbeispiel. Dies ist die Aufgabenstellung für die mündliche Abschlussprüfung unserer aufstrebenden Auszubildenden. Doch wie erklärt man diese Thematik spannend und fokussiert? Erfahre in diesem Beitrag meinen Ansatz.

Die emotionale Rolle von C-Teilen

Ich darf dir Hanna vorstellen. Sie arbeitet bei einem renommierten Hersteller für Kunststoffteile. In diesem mittelständischen Betrieb ist Hanna für die Instandhaltung der Kunststoff-Spritzmaschinen verantwortlich. Dafür benötigt Sie Sicherheitsschuhe für das sichere Arbeiten in der Fertigung und passende Werkzeuge für die Wartung der Maschinen. Hanna ist unzufrieden, denn ihre Sicherheitsschuhe sind abgelaufen und sie benötigt neue. Sie überlegt sich, ob sie sich privat eigene Schuhe kaufen soll.

Für ihren Betrieb ist dies jedoch ein C-Teil. Denn Sicherheitsschuhe haben einen geringen Wert und einen hohen Beschaffungsaufwand. Dies ist die Definition von Ben. Er ist seit kurzem der Einkaufsleiter dieser Firma. Bei Sicherheitsschuhen gibt es bei den Mitarbeitern viele persönliche Befindlichkeiten und bei Einführung eines neuen Modelles sind Trageversuche in der Firma vorgeschrieben.

Emotionalität bei C-Teilen ist ein wichtiger Faktor. ➡️ Klicke hier und erfahre warum!

Waage C Artikel
Verhältnis Prozessosten zum Wert von C-Teilen

Definition C-Teil: Teile mit einem geringen Wert und einem hohen Beschaffungsaufwand.

Warum erfordern C-Teile Aufmerksamkeit?

Ben hat die Herausforderung mit seiner Abteilung den kompletten Bedarf seiner Firma einkaufen zu müssen. Ihm ist bewusst, dass er die neue Spritzgussmaschine nicht in der gleichen Art und Weise wie den Schuh von Hanna beschaffen sollte. Eine Maschine ist eine Investition, bei der sich intensive Verhandlungen lohnen. Den gleichen Aufwand für Artikel mit geringem Wert, wie Schuhe, zu betreiben steht nicht im Verhältnis zum Warenwert. Deshalb bewertet er alle benötigten Teile im Unternehmen nach der ABC-Analyse. Für ihn ist es wichtig, die richtigen Prioritäten zu setzen. Um Sensibilität für das C-Teile Management zu schaffen, verwendet er das folgende Diagramm.

C-Teile Wert vs Prozesskosten
C-Teile Wertschöpfung im Vergleich zum Kostenanteil (Bestellprozess, Lieferanten, Artikel)

C-Teile kennzeichnen sich durch einen großen Anteil an den Bestellvorgängen aus. Für C-Teile hat die Einkaufsabteilung über 1.000 Lieferanten angelegt und beschafft im Jahr über 1 Mio.€ Artikel. Ben folgert aus diesen Zahlen folgende Handlungsempfehlung:

  • A-Teile und B-Teile
    • Fokus auf die Preisverhandlung, da deutliche Einsparungen möglich sind
    • Aufbau von Know-How für in der Einkaufsabteilung
  • C-Teile
    • Fokus auf den Bestellprozess, da der interne Prozessaufwände oftmals höher sind als der Warenkorbwert
    • Analyse des Prozesses und Abbildung über elektronische Systeme
    • Reduzierung von Lieferanten
    • Steigerung des Automatisierungsgrades

Maverick Buying und weitere Herausforderungen im C-Teile Management

Ben ist seit kurzem im Unternehmen. Deshalb nutzt er seine ersten Monate für eine intensive Einarbeitung. Er sitzt gerade in der Finanzbuchhaltung und rätselt welchem Auftrag die eingegangene Rechnung zuzuweisen ist. Es handelt sich um Damenschuhe Größe 39. Die Nachfrage beim Lieferanten bringt Klarheit. Hanna hatte sich die Schuhe ohne Rückfrage der Einkaufsabteilung bestellt. Dieses Einkaufen wird Maverick Buying genannt. Dadurch entstehen dem Unternehmen hohe Kosten für Klärung und Abwicklung (Prozesskosten).

Definition Maverick Buying:  Das unkontrollierte Einkaufen vorbei am vorgegebenen Beschaffungsprozess durch den Mitarbeiter. Der Begriff Maverick leitet sich vom Rinderzüchters Samuel A. Maverick (1803 – 1870) ab, der seine Rinder, anders als damals üblich, nicht brandmarkte.

Ben möchte die Einkaufstätigkeiten, die nicht über die Einkaufsprozesse bestellt werden, reduzieren. Er verspricht sich davon unnötige Tätigkeiten in Wareneingang, Einkauf, und Finanzbuchhaltung einzusparen. Ben ist der Meinung, dass dazu folgende Bausteine sinnvoll aufeinander abgestimmt werden müssen:

  • Interner Kundenfokus
  • Lieferantenmanagement
  • Attraktives Beschaffungssystem
  • Bestellauslösung für die Fachabteilungen
  • Erhöhung der Automatisierung
  • Innovationsmanagement

Interner Kundenfokus

Was sind die besten Prozesse oder Systeme wert, wenn diese von Kollegen nicht genutzt werden? Ben ist der Meinung, dass der interne Kundenfokus Erfolgsfaktor Nummer eins ist. Unter Kunden versteht er die internen Fachabteilungen und Mitarbeiter der Firma. Gemeinsam erwirtschaftet man den Unternehmenserfolg.

Lieferantenmanagement

Ben hat über 1.000 Lieferanten für C-Teile identifiziert. Dies erzeugt die folgenden Herausforderungen:

  • Hoher Pflegeaufwand von Lieferantenstammdaten
  • Schlechte Verhandlungsbasis auf Grund von kleinen Warenkörben
  • Unterschiedlichste Rechnungsabwicklungen
  • Strategische Entwicklung von Lieferanten nicht umsetzbar
ABC Artikel Kostenanteil
C-Teile haben den höchsten Anteil der Lieferanten

Um diesen Herausforderungen zu begegnen ist ein strategischer Umgang mit Lieferanten nötig. Dies bedeutet eine Fokussierung auf bevorzugte Lieferanten. Teilweise wird eine Warengruppe bei vielen Lieferanten beschafft. Ben möchte zudem das Know-How seiner Lieferanten nutzen, um dies ins Unternehmen einfließen zu lassen. Daher fokussiert er sich auf langfristige Beziehungen zu ausgewählten Lieferanten.

Dazu gibt es zahlreiche Ansätze. Einen praxiserprobten Ansatz findest du im Info-Kasten. Dieser beantwortet die Frage wie Mitarbeiter (Kundenfokus) mitgenommen werden und trotzdem der bevorzugte Lieferant platziert werden kann.

Zudem beschäftigt Ben wie die unbewusste Voreingenommenheit die Auswahl von Lieferanten beeinflusst. Der Fachbegriff dafür ist Unconscious Bias und beschreibt Vorurteile die wir leben jedoch nicht wahrnehmen. Die Gefahr ist, dass wir Lieferanten bevorzugen die uns sehr ähnlich sind. Eine McKinsey-Studie aus 2018 zeigt, dass große Vielfalt im Topmanagement (Alter, Bildung, Geschlecht, Erfahrung, etc.) einen positiven Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg hat. Daher überdenkt Ben seine Kriterien der Lieferantenauswahl.

Attraktives Beschaffungssystem

Mittlerweile kennen und nutzen Mitarbeiter auch im Privaten das Internet für Einkäufe. Daher wird die Nutzerfreundlichkeit von Zalando oder Amazon auch im Unternehmen erwartet. Ein attraktives Beschaffungssystem bietet für den Mitarbeiter ein schnelles und einfaches Bestellen der benötigten Teile. Damit im Rahmen des C-Teile Management eine Steuerung erfolgen kann, sind Bestandteile wie Definition von Fokusartikeln, Einschränkung von Sortimenten, Reporting-Optionen oder auch Genehmigungsworkflows erforderlich. Folgende Systeme stellen einen Auszug aus dem Markt dar:

Erhöhung der Automatisierung

Bevor Ben in die Automatisierung (Reduktion von manuellen Tätigkeiten) einsteigt, muss die Verwendung des C-Teiles klar sein. In diesem Zusammenhang möchte er die folgenden Begriffe kurz definieren:

  • Direktes Material: Alle Teile (auch C-Teile), die in das Produkt / Service einfließen.
  • Indirektes Material: Alle Artikel/Teile, die für Wartung, Reparatur und Betrieb nötig sind. Im Englischen wird dies als MRO (Maintenance, Repair and Operations) bezeichnet. Klassische Produktgruppen sind Schreibmaterial, Werkzeuge oder persönliche Schutzausrüstung.
    • Einmalbedarf: Alle Teile, die ohne Regelmäßigkeit bestellt werden. Zum Beispiel neues Werkzeug, dass Hanna für die Instandhaltung der Maschinen benötigt.
    • Produktionskritischer Bedarf: Dies sind alle C-Teile, die zwingend in der Produktion benötigt werden. Zum Beispiel werden bestimmte Bohrer oder Fräser für die Bearbeitung der Kunststoffteile benötigt. Sollten diese nicht verfügbar sein, steht die Maschine und dies erzeugt Ausfallkosten.

Handlungsempfehlung nach Klassifkation des C-Teiles

Klassifikation des TeilesAnsätzeOptionen zur Automatisierung
Direktes Material– Zwei-Lieferanten-Strategie
– Monitoring der Verfügbarkeit
– Elektronische Vernetzung (via EDI) des eigenen ERP-System mit den Systemen der Lieferanten
Indirektes Material – Einmalbedarf– Hohe Nutzerfreundlichkeit im Beschaffungssystem für den Mitarbeiter bieten
– Integration der Fachabteilungen bei Entscheidungen zur Lieferantenauswahl
– Lieferantenreduzierung
– Einführung eines E-Marktplatzes
– Einführung eines E-Procurement System und Automatisierung von Auftragsbestätigungen, Wareneingangstätigkeiten und die Rechnungsabwicklung (via EDI)
Indirektes Material – Produktionskritischer Bedarf– Anschaffung eines Ausgabesystems (Vending Machine)
– Aktives Management der produktionskritischen Teile und automatisierte Nachbestellung beim Lieferanten
– Integration in den verwendeten E-Marktplatz (z.B. stellt simple system dafür eine Schnittstelle bereit)
– Vendor Managed Inventory (VMI), der jeweilige Lieferant erhält Zugriff auf Bestandsdaten und sorgt dafür, dass die definierten Teile immer verfügbar sind
C-Teile erfordern je nach Verwendung ein unterschiedliches Management

Definition Electronic Data Interchange (EDI): Nachrichten, wie zum Beispiel Aufträge oder Rechnungen, werden elektronisch zwischen Unternehmen und Lieferant ausgetauscht. Ziel ist jeweils die automatisierte Verarbeitung im Zielsystem. Durch EDI ist es möglich die Rechnungsabwicklung automatisiert ohne menschliche Einwirkung abzuwickeln.

Beispiel eines Ausgabesystems am Beispieldes Zerspanungsherstellers Gühring:

Quelle GuehringTV YouTube

Innovationsmanagement

Neue Technologien wie 3D-Druck von Metallteilen verändern die Möglichkeiten der Instandhaltung der Maschinen. Zudem können 3D-Druck Maschinen für die Produktion von Kunststoffteilen die Fertigung grundlegend verändern. Dazu ist die Frage: „Wie kommt das Know-How der neuen Technologie zu Hanna?“. Dazu möchte Ben seine vernetzte Rolle zu Fachabteilungen und Lieferanten nutzen. Sein Ziel ist den Know-How Austausch in beide Richtungen zu fördern und durch diese überbetriebliche Zusammenarbeit Mehrwert für das Unternehmen zu schaffen. Zudem gilt es den Anforderung des Unternehmens gerecht zu werden, das vermehrt auf Cloud-Produkte, selbstlernende Software oder projektbezogene Freelancer setzt. Ben ist der Überzeugung, dass die Dynamik im Einkauf deutlich steigen wird. Er freut sich auf diese Veränderung und beschäftigt sich aktiv damit wie der Einkauf Innovationsmanagement treiben kann.

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Peter Prütting ist Teamplayer, MTBiker und E-Business Experte. Seit 10 Jahren verhilft er Lieferanten zu mehr Online-Umsatz und optimierten B2B-Prozessen. Weggefährten beschreiben ihn als kundenzentriert und fokussiert.

Quellen